Wunder und Realität: eine unerwartete Verbindung

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„Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.“

Als ich dieses Zitat von David Ben-Gurion das erste Mal las, erschien mir seine Aussage auf den ersten Blick doch etwas provokant. Wunder und Realismus – die Realistin und Pragmatikerin in mir wehrte sich dagegen. Wunder gehören in die Märchenwelt. Faktenwissen, logische Erklärungen, wissenschaftliche Ausführungen – das gibt uns Orientierung im Leben, hilft uns mit Widrigkeiten umzugehen und Entscheidungen zu treffen.

Aber ist das so?

Auf der einen Seite: ja, natürlich. Es ist absolut richtig, dass Wissen, Fakten und fundierte Erklärungen unerlässlich sind. Ohne diese Grundlagen sind wir nicht in der Lage, eine Situation oder ein Ereignis angemessen zu bewerten und kritisch zu hinterfragen. In einem solchen Fall wären wir gezwungen, blind den Aussagen anderer zu vertrauen und uns möglicherweise deren Meinungen und Forderungen zu unterwerfen. Ein selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Leben wäre dies nicht.

Doch, auch wenn Rationalität und eine realistische Betrachtungsweise einen hohen Stellenwert einnehmen – einnehmen müssen, sollten wir nicht vergessen, dass das Leben eben auch von unerwarteten und außergewöhnlichen Momenten geprägt ist. Und diese Momente erweitern unsere Perspektive und inspirieren uns, über das Gewöhnliche hinauszudenken. Sie zeigen uns, dass es in der Welt mehr gibt, als wir mit bloßem Verstand erfassen können.

 

Doch, was sind eigentlich Wunder?

Wunder werden oft als außergewöhnliche Ereignisse definiert, die über das hinausgehen, was wir als normal oder erklärbar betrachten. Sie können in vielen Formen auftreten – sei es in der Natur, in zwischenmenschlichen Beziehungen oder in persönlichen Lebensveränderungen. Wunder sind nicht immer spektakulär; manchmal sind sie subtile, aber tiefgreifende Veränderungen, die unser Leben bereichern und uns neue Perspektiven eröffnen.


 

Hoffnung: Der Nährboden für Wunder


Eng verbunden mit den Glauben an Wunder, ist die Hoffnung. Sie gibt uns die Kraft, in schwierigen Zeiten durchzuhalten und an eine bessere Zukunft zu glauben. Menschen, die hoffnungsvoll und optimistisch in die Zukunft schauen, sind resilienter. Sie sind bereit, Risiken einzugehen und neue Wege zu beschreiten, weil sie die Möglichkeit sehen, dass sich Dinge zum Besseren wenden können.


Ein Beispiel dafür sind Menschen, die schwere Krankheiten überwinden oder aus schwierigen Lebenssituationen herausfinden. Oft berichten sie von einem inneren Glauben oder einer Hoffnung, die ihnen geholfen hat, durchzuhalten und letztendlich positive Veränderungen zu erleben. Diese Geschichten sind nicht nur inspirierend, sondern zeigen auch, dass der Glaube an Wunder eine transformative Kraft haben kann.

 

Rationalität vs. Glauben

Glauben an Wunder bedeutet jedoch nicht, die Realität zu ignorieren oder sich in Illusionen zu verlieren. Vielmehr geht es darum, die Möglichkeit von Veränderungen und unerwarteten Wendungen im Leben zu akzeptieren. Es ist die Überzeugung, dass das Leben mehr zu bieten hat als das, was wir mit unseren Sinnen erfassen können.


Denn wir wissen so vieles nicht. Wir können uns so vieles nicht erklären.

Unsere Zeit wird von Informationen und Daten geradezu überflutet, sodass wir meinen könnten, wir wüssten (fast) alles. Doch die Realität sieht oft anders aus. Trotz des enormen Wissens, das wir angesammelt haben, gibt es unzählige Dinge, die wir nicht verstehen oder über die wir im Unklaren sind.
Das sind einerseits „große“ Fragen, die tief in die Natur des Universums, des Lebens und des menschlichen Daseins eindringen, wie beispielsweise:
Warum existiert das Universum in seiner jetzigen Form? Was geschieht nach dem Tod? Wie funktioniert das menschliche Bewusstsein wirklich?
Aber auch Fragen wie: Warum entscheiden sich Menschen so, wie sich sich entscheiden – und treffen oft Entscheidungen, die nicht zu ihrem Vorteil sind? Oder: Warum verlieben sich Menschen ausgerechnet in diesen Partner, in diese Partnerin?

Diese und viele andere Fragen bleiben oft unbeantwortet und zeigen uns, dass unser Wissen zwar gewaltig, aber dennoch begrenzt ist.

 

Die Faszination des Nichtwissens

Und in gewisser Weise hat dieses „Nichtwissen“ auch seine Faszination.
Das Nichtwissen bietet auch die Möglichkeit, zu lernen und zu wachsen. Wenn wir uns mit Themen auseinandersetzen, die uns unbekannt sind, erweitern wir unseren Horizont und entwickeln ein tieferes Verständnis für die Welt um uns herum. Es ist wichtig, Fragen zu stellen und sich mit dem Unbekannten auseinanderzusetzen, anstatt es zu fürchten. Und in gewisser Weise ist es doch auch tröstlich und sogar spannend, zu erkennen, dass auch das Unmögliche möglich ist.

Der Realismus des Glaubens: sowohl… als auch….



Der Satz „Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist“ regt uns an, unsere Definition von Realität zu überdenken. Realismus bedeutet nicht nur, die Welt so zu sehen, wie sie ist, sondern auch, die Möglichkeiten zu erkennen, die sie bietet und gleichzeitig auch zu akzeptieren, dass wir nicht alles erklären können – und das mit höchster Wahrscheinlichkeit auch niemals werden. Indem wir an Wunder und an das Unmögliche glauben, öffnen wir uns für neue Erfahrungen, Chancen und Veränderungen. 


Wir denken so oft in „entweder-oder-Kategorien“: Entweder sehen wir nur die Realität, oder wir glauben an Wunder; entweder sind wir Träumer, oder wir sind Macher.

Aber „entweder…oder…“ ist die falsche Herangehensweise. „Sowohl….als auch….“ ist bedeutend hilfreicher und bringt uns weiter: Wir akzeptieren sowohl die Realität als auch die Möglichkeit, dass Wunder geschehen können; wir sind sowohl Träumer als auch Macher.

Davon abgesehen: Um unsere Visionen zu gestalten, um sie erst einmal wahrzunehmen und zu entwickeln, brauchen wir Träume. Und hier können wir nicht groß genug träumen – doch das wird ein anderer Artikel.